Was hat dich als Filmemacher an der Person Ole Nydahl interessiert?
Ole Nydahl ist ein moderner Nomade, der das, was wir unter „privat“ oder „Privatleben“ verstehen, vor vierzig Jahren, als er den Auftrag bekam, den Diamantweg-Buddhismus in den Westen zu bringen, radikal hinter sich gelassen hat. Kein fester Wohnort, keine Rückzugsmöglichkeit, kein wirklicher Urlaub oder Freizeit. Selbst ständig reisende Politiker, Sportler, Popstars kommen irgendwann „nachhause“. Ole Nydahl ist überall zuhause. Ich wollte wissen, wie ein solches Leben funktionieren kann, das all das ignoriert, wonach wir uns jedes Wochenende und am Ende jeden Arbeitstages sehnen, unsere Abgeschlossenheit von der anstrengenden, fordernden Welt. Ist Ole Nydahls Leben nun schöner oder schrecklicher als unser „normales“ Leben?
... und was als Mensch?
Die Energie, die so ein Leben erfordert, ist immens. Trotz der ständigen Anstrengungen, die Nydahl auf sich nimmt, der ständig vielen Menschen, die ihn umgeben und die immer irgendwas von ihm wollen, scheint er ausnahmslos in einem Zustand von fröhlichen, frischem Gleichmut zu sein. Nie schlecht gelaunt, nie genervt. Nie. Das mag verklärt klingen, aber ich habe meinen kritischen Geist nicht ausgeschaltet in dem Moment, wo ich die Kamera eingeschaltet habe. Es hat sich für mich vielmehr bewahrheitet, was ich anfangs nur als These vermutet habe. Durch diesen Mann scheint tatsächlich eine Kraft zu wirken, die überpersönlich ist, die ihn als Medium oder Programm nutzt. Ole Nydahl ist der einzige Mensch, den ich kenne, der völlig unabhängig von Stimmungs- und Befindlichkeitslage immer froh und glücklich und von jedem Moment begeistert ist.
Warum glaubst du, ist der Mann so erfolgreich?
Ole Nydahl lebt das, was er lehrt. Er ist das Beispiel, der Beweis dessen, was seine Lehren versprechen. Gepaart mit natürlichem Charisma, Unerschrockenheit, Miteinbeziehung aller, schafft er es, die komplexen Lehren Buddhas in einer einfachen, verständlichen Sprache zu vermitteln, und gibt dem modernen Menschen des 21. Jahrhunderts konkrete Lebenshilfe. Nur so lässt sich erklären, warum sich Tausende von Menschen, die mitten im Leben und in der Gesellschaft stehen, in ein stickiges, überfülltes Zelt quetschen und den Ausführungen dieses Mannes lauschen. Hinzu kommt, dass der Interessierte sich zu nichts verpflichtet, keine Verpflichtungen eingehen muss, keine ewige Treue schwören muss, noch von ihm erwartet wird, seinen Sparstrumpf zum Wohle des Lamas zu opfern. Nydahl ist ein Lama zum Anfassen, der nicht in einem abgehobenen Ashram residiert von Lakaien und Jüngern abgeschirmt, sondern immer „mitten drin“. Das spricht vor allem junge, autoritätskritische Menschen an.
Für wen hast du den Film gemacht, was willst du erzählen?
Es gibt mittlerweile Unmengen von Filmmaterial über Ole Nydahl. Aber es gibt bisher noch keinen Film, der Außenstehenden das außergewöhnliche Leben und den außergewöhnlichen Denkansatz dieses Mannes zeigt. Ich wünsche mir, dass der Zuschauer, besonders der, der mit Buddhismus bisher nichts am Hut hatte, nach Verlassen des Kinos denkt: Sieh an, es gibt Sichtweisen zu unserem Dasein hier auf dem Planeten, die so ganz anders sind, als die, mit denen ich aufgewachsen bin, und die weit über die gewöhnlichen Erklärungsmuster unser Welt hinausgehen. Der Film ist der Versuch, genau das festzuhalten.
Was hast du selbst bei den Dreharbeiten gelernt?
Im Gegensatz zum Spielfilm kann beim Dokumentarfilm keine Szene wiederholt werden. Beim Spielfilm versuchen mein vielköpfiges Team und ich so viele äußerliche Bedingungen wir möglich zu kontrollieren, was uns auch meistens weitestgehend gelingt – bis aufs Wetter. Bei diesem Projekt jedoch bestand das Team aus meinem Kameramann Ralph und mir – und wir hatten so gut wie gar keinen Einfluss auf irgendwas. Wir konnten uns einzig auf unsere Intuition verlassen, im richtigen Moment das richtige zu drehen. In so einer Situation der absoluten Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit hilft nur eines: vertrauen. Vertrauen in sich, in die Situation und alle, die darin involviert sind. Eine sehr spannende Erfahrung.